Total
subjektive Saisonbilanz 2006/07
Meister 2007, jaaa, dass
klingt verdammt gut! Nach 2005 hat es Bamberg also tatsächlich zum zweiten
Mal geschafft, die Deutsche Meisterschaft zu erringen. Vor der Saison als
einer der Titelfavoriten gehandelt, deutete bis weit in den Januar überhaupt
nichts darauf hin, dass Bamberg den eigenen Ansprüchen und denen seiner
Fans gerecht werden könnte. Logisch, nach der Saison 2005/06 musste eine
Verjüngung stattfinden, aber vielleicht war der Schnitt doch zu groß. Als
dann auch noch Anfang August 2006 Steffen Hamann das Angebot nach Bologna zu
wechseln annahm, war von den Führungspersönlichkeiten der vergangenen
Jahre nur noch Chris Ensminger übrig.
Verpflichtet wurden mit großen Vorschusslorbeeren DeJuan Collins, Adam
Harrington, K’Zell Wesson und Vince Yarbrough. Während letztere die
Erwartungen weitgehend erfüllten, entpuppten sich die beiden Erstgenannten
als wahre „Heinerle Wundertüten“. Fast schien es so zu sein, dass Adam
Harrington nur einen Vertrag für die erst Halbzeit hätte, denn in den
zweiten 20 Minuten spielte er fast nie mehr. Wie man später nach seinem
Rausschmiss erfuhr, litt er an Magengeschwüren. Das es mit Harrington auch
schon früher Probleme gab, hätte dem Bamberger Management eigentlich
bekannt sein sollen. Warum sonst ist er in der Saison 2005/06 gleich zweimal
bei einem Verein entlassen worden?
Der nächste Problemfall, der wesentlich größere Ausmaße annahm, war
DeJuan Collins. Der US-Amerikaner ist ein begnadeter Basketballer, er kann
werfen, spielt eine recht gute Abwehr, ist sogar zeitweise ein guter
Aufbauspieler. Nun kommt das große „Aber“: Er hatte riesige Probleme im
privaten Bereich, so wurde er mehrfach in nicht mehr ganz nüchternem
Zustand angetroffen. Ob dies die Ursache für seine Entlassung Anfang Januar
war, kann ich nicht sagen. Jedenfalls müssen noch weitere Dinge vorgefallen
sein, denn so ganz ohne Grund schmeißt man den vermeintlichen Kopf der
Mannschaft nicht raus. Im Nachhinein müsste
man Collins sogar dankbar sein, denn mit ihm wäre Bamberg niemals Meister
geworden.
Die Saison begann recht durchwachsen, überzeugend spielte die Mannschaft zu
selten. Zu groß waren die Pendelausschläge in der Leistung. Den ersten
negativen Höhepunkt gab es gleich zum Auftakt des ULEB-Cups im Heimspiel.
Nach einer katastrophalen Leistung verlor man 49:83 gegen Nancy. Die
Mannschaft präsentierte sich leblos, ließ das Bamberg-typische Kämpferherz
vermissen und fiel im letzten Viertel komplett auseinander. So etwas hatte
man als Bamberger Fan schon sehr lange nicht mehr erleben müssen. Dirk
Bauermann sah das wohl ähnlich, denn er ließ seine Jungs gleich nach dem
Spiel erst einmal ein Straftraining in der Jako-Arena absolvieren.
Die nächsten Wochen verliefen nicht viel anders. Siege gegen schwache
Gegner – Ausnahme war der Erfolg gegen Vilnius im ULEB-Cup - wechselten
sich mit desolaten Partien gegen gleichrangige Mannschaften ab. Der absolute
negative Höhepunkt schien Mitte Dezember nach der 13 Punkte-Schlappe in
eigener Halle gegen Ludwigsburg erreicht. Dies war das einzige Mal in mehr
als 20 Jahren als Anhänger des Bamberger Basketballs, dass ich mir eine
Niederlage wünschte.
Denn so konnte es nicht weitergehen. Die Offiziellen im Verein übertrafen
sich mit Ausreden nach dem Motto „es wird schon werden“. Leider war aber
keine Besserung beim Patienten Brose Baskets Bamberg in Sicht.
Licht am Ende des Tunnels war sichtbar, als die Rückkehr von Steffen Hamann
Wirklichkeit wurde. Auch trennte man sich erst von Jermaine Anderson, dann
von dem zwischenzeitlich verpflichteten Derrick Zimmermann, anschließend
von Adam Harrington und schließlich von DeJuan Collins.
Damit schienen alle Krebsgeschwüre, die dem Patienten Bamberg zu schaffen
machten, entfernt. Dirk Bauermann sprach von „dunklen Wolken die über
Bamberg schwebten“.
Als schließlich mit Casey Jacobsen ein absoluter Topstar Mitte Januar nach
Bamberg kam, keimte Hoffnung auf, dass es mit einer Topplatzierung doch noch
etwas wird. Ab diesem Zeitpunkt verlor man in der Bundesliga nur noch
dreimal.
Respekt muss man dem Management und Trainerstab zollen, denn sie haben
rechtzeitig die Notbremse gezogen, vier Spieler entlassen und die richtigen
neuen Akteure verpflichtet.
Aber warum kam es erst soweit? Hat man sich nicht über die charakterlichen
Eigenschaften und körperlichen Fähigkeiten der Spieler erkundigt? Hat
vielleicht der Ausbau der Jako-Arena und die Belastung von Dirk Bauermann
als Nationaltrainer wichtige Ressourcen gebunden und den Blick für das
Wesentliche abgelenkt?
Wie auch immer, zum
Gewinn der Deutschen Meisterschaft hat es nach spannenden Play-offs doch
noch gereicht.
Welche Meisterschaft war die schönere, die von 2005 oder 2007?
Diese Frage kann ich für mich leicht beantworten: wie so oft im Leben, ist es
beim ersten Mal am schönsten. Nicht, dass Meisterschaften zur Routine
werden, aber die Freude, die Befreiung nach vielen Jahren der Niederlagen
war 2005 besser.
Total subjektive Einzelkritik der Bamberger Spieler
Ensminger |
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Er bekam mit
Darren Fenn einen Mitspieler, der den Typ des modernen Centers
ausmacht. Chris Ensminger merkte man das Alter nicht immer, aber schon
ab und zu, an. Bitter, dass ausgerechnet der Kapitän in der
entscheidenden Phase der Play-offs verletzungsbedingt zusehen musste.
Spielte meist solide und er kann es in der Bundesliga noch mit jedem
langen Akteur aufnehmen.
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Hauer |
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Ja,
der Hauer. Aus ihm werde ich nicht ganz schlau. Vermutlich geht es
Dirk Bauermann auch so. Wenn er den Youngster Hauer einmal brachte,
konnte dieser zu selten Akzente setzen. Er hat es aber auch schwer,
denn in vielen anderen Bundesligavereinen würde es auf
durchschnittlich 10 Minuten Spielzeit kommen. In Bamberg jedoch bekam
er oftmals nur die Brotkrumen als Einsatzzeit, nämlich dann, wenn die
Partien gelaufen waren. Den Biss, den Willen sich durchzusetzen, den
habe ich bei ihm noch nicht erkennen können. Bin gespannt wie es mit
ihm weitergeht.
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Hamann |
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Irgendetwas
muss mit ihm südlich der Alpen, in Bologna, bei seinem 3-monatigen
Abstecher in die italienische Liga passiert sein. Denn so stark wie er
danach in Bamberg spielte, hatte ich ihn nicht in Erinnerung. Es tat
ihm sichtlich gut einmal aus seinem gewohnten Umfeld herauszukommen,
sich in einer fremden Umgebung durchzusetzen und neue Erfahrungen zu
machen. Besonders in den Play-offs steigerte er sich nochmals und war,
auch dank seiner neu entdeckten Dreierstärke, ein sehr wichtiger
Baustein beim Gewinn der Meisterschaft.
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Betz |
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Keine Ahnung, was vorgefallen ist. Aber, dass nichts
vorgefallen ist, kann ich mir nicht vorstellen. Als einer der besten
deutschen Zweitligaspieler ausgezeichnet, in vielen Spielen in
Breitengüßbach Leistungsträger und dann wechselt er nach Ulm?
Entweder er fiel in Ungnade oder er wollte zu schnell zu viel. |
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Dockery |
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Ende
Februar nachverpflichtet gab er Steffen Hamann wichtige Minuten
Erholungszeit. Das er mehr kann, als er zeigen konnte oder durfte,
dies ist wohl allen klar. Wer in den USA an der bekannte DUKE
University Basketball spielt, der hat was auf dem Kasten. Er machte
wenig Fehler, kontrollierte das Bamberger Aufbauspiel, fiel aber als
Korbjäger nicht immer auf. Obwohl er offensiv einige Moves draufhat,
die selbst einen Michael Jordan erblassen ließen.
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Anderson |
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Dem
jungen Mann wurde meiner Meinung nach systematisch das Selbstvertrauen
entzogen. Anfang der Saison noch mit reichlich Spielzeit bedacht,
wurde ihm bald mitgeteilt, dass er eigentlich überflüssig sei.
Obwohl er im Aufbau nicht so ein schwarzes Loch wie DeJuan Collins
war, der, wenn er den Ball einmal in den Händen hielt, ihn nicht mehr
hergab. Schade, aus
Anderson hätte in Bamberg etwas werden können.
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Fenn |
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Darren
Fenn gehört ohne Zweifel zu den stärksten großen, langen Spielern
in der Liga. Aber um der Beste auf der Flügel-/Center-Position zu
werden, muss er sich noch steigern. OK, er hat einen sehr guten
hochprozentigen Wurf, egal ob aus Nah-, Mittel- oder Dreierdistanz.
Aber fast schien es mir so, als ob er dann am Besten ist, wenn er
seinen Emotionen freien Lauf lässt, wenn er „heiß“ ist.
Das Zusammenspiel mit Chris Ensminger funktionierte, je länger die
Saison dauerte, immer besser.
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Pavic |
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Nichts
gegen Ivan Pavic, aber das Dilemma in den ersten Monaten bei den
Bambergern verdeutlicht wohl, dass er so viel Spielzeit erhielt wie
noch nie zuvor. Wenn gar nichts lief, wurde er auf das Feld geschickt.
Mit seiner Art immer alles zu geben stach er aus dem Haufen teilweiser
hilf- und willenloser Akteure schon heraus. Aber daß er die Rettung
des Bamberger Basketballs darstellen sollte, ging dann doch zu weit.
Nochmal: ich mag seine Aggressivität, seinen Einsatzwillen, aber er
ist kein Typ, der eine angeschlagene Mannschaft aus dem Tal der Tränen
führen kann.
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Garrett |
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Damit komme ich zum größten Problemfall innerhalb
der Mannschaft. Seine Bereitschaft Leistung zu zeigen und
Verantwortung zu übernehmen, die spreche ich ihm überhaupt nicht ab.
Aber erst nach dem Meisterschaftsgewinn konnte man in Interviews
zwischen den Zeilen von ihm vernehmen, dass er sich trotz Verletzungen
in den Dienst der Mannschaft stellte. Und dies muss man ihm hoch
anrechnen. Aber zeitweise war es schon schlimm mit anzusehen, was er
auf dem Basketballfeld zeigte. Um so schöner ist es, dass er dann,
wenn es darauf ankam, sein Team zur Meisterschaft schoss. So konnte er
wenigstens mit einem guten Gefühl in die Sommerpause gehen.
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Ohlbrecht |
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Dem
Jungen würde ich einen 5-Jahresvertrag geben. In ihm schlummert
soviel Potential, wahrscheinlich weiß er es selbst nicht. Für seine
Länge hat er einen sehr weichen Wurf, kann auch aus mittleren Lagen
sicher treffen. Springen kann er sowieso, nur bei der körperlichen
Robustheit könnte er noch zulegen. Erfahrung bekommt er nur durch
viel Spielzeit und die erhält er hoffentlich auch genug in der nächsten
Saison.
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Collins |
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Ja,
der Collins. Was soll man über ihn überhaupt noch sagen? Wie schon
oben erwähnt, konnte er eigentlich alles. Was er auch in einzelnen
Partien für Bamberg gezeigt hat. Dann gab es aber auch Spiele, und
die waren in der Überzahl, da hat er nur noch sein eigenes Ding
gedreht. Aber wer sich auch im privaten Bereich alles erlaubt und
wenig sagen lässt, warum sollte er dann in einem Mannschaftskolletiv
anders sein? Bamberg und Collins, dies war einfach ein ganz großes
Missverständnis und es war gut, rechtzeitig die Reißleine zu ziehen
und ihn zu entlassen.
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Harrington |
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Damit
bin ich beim nächsten Missverständnis. Hat man sich seitens des
Managements nicht über ihn erkundigt? Waren seine Krankheitsprobleme
nicht vorher bekannt oder traten sie wirklich erst in Bamberg auf?
Viele Fans fragten sich, warum er in den ersten Halbzeiten spielte,
danach aber häufig überhaupt nicht mehr. Aber wenn man der
nervlichen Belastung und dem Stress in Bamberg nicht gewachsen ist
(was durchaus menschlich ist), dann war es sicher besser sich einen
anderen Verein zu suchen.
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Yarbrough |
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Was
er an Abwehrarbeit zeigt, gehört zum Feinsten und Besten was man in
Bamberg, wenn nicht sogar in der gesamten Liga seit langem gesehen
hat. Und offensiv kann er eigentlich fast alles, nur nicht zum Korb
ziehen. Erzielte seine Punkte entweder durch Dreier oder durch Dunking
nach Vorlagen seiner Teamkollegen. Auch sah man in Bamberg schon lange
nicht mehr so schöne Alley-oops. Aber er blühte auch erst so richtig
auf, als Collins verschwunden war. Für das Erringen der Meisterschaft
war er wichtig, auch wenn er sich in vielen Spielen sehr dezent
versteckte.
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Jacobsen |
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Er
kam, sah und siegte. In Bamberg gab es schon lange keinen Spieler
mehr, der so nachhaltig eine Mannschaft beeinflusste. Oft wird er nur
an seinen Punkten gemessen, aber viele vergessen auch die anderen
Aspekte seines Spiels. Abwehr kann er spielen, rebounden kann er und
ein Auge für seine Mitspieler hat er auch. Toll wie er durch die
Abwehr mit viel Drang zum Korb ziehen kann und die Gegner wie
Slalomstangen stehen lässt. Wurde völlig zu Recht als bester
offensiver Spieler und als bester Spieler der Finalserie
ausgezeichnet. Nicht genug der Ehre, auch die Bamberger Fans wählten
ihn zum Spieler des Jahres. Wenn man
eine Schwäche bei ihm ausmachen will, dann sind es seine Freiwürfe,
die den Fans in manchen Partien graue Haare wachsen ließen. |
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Zimmermann |
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Noch
so ein Missverständnis. Die ihm zugedachte Rolle als Entlastung für
Collins den Aufbau zu organisieren, konnte er in keinster Weise erfüllen.
So war es nur logisch seinen befristen Vertrag nach nur zwei Monaten
nicht zu verlängern und sich von ihm vor Weihnachten zu trennen.
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Begley |
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Ganz kann ich nicht verstehen, was man mit ihm
veranstaltet hat. Ihm wurde zwar vor Beginn der Saison eröffnet, er wäre
in der Rotation nur der neunte Mann. Dann im Herbst vergangenen Jahres
sollte er dann wieder der Heilsbringer sein, nur um ihm kurze Zeit später
am liebsten zu kündigen. Aber so einen Typen wie ihn kann man immer
bringen. Einer der reinkommt und gleich mal zwei Dreier trifft, so
einen muss man einfach behalten. |
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Wesson |
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Für viele war
er der wichtigste Mann in den Play-off. Dank seiner Kraft und seinem
Willen legte er so manchen gegnerischen Center an die Kette und holte
auch noch viele wichtige Rebounds. Sein Bandscheibenvorfall vom Januar
raubte ihm leider viel von seiner Schnelligkeit und ließ auch seine
Trefferquote aus der Distanz in den Keller sinken. Aber so einen
Powerspieler mit so einer Arbeitseinstellung braucht man einfach.
Obendrein ist er eine „coole Sau“, die mit allen Wassern gewaschen
ist.
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