Unter
"Heim" leuchtete die 120 auf und die 101 unter "Gast"
- was die Bamberger vier Jahre lang in der Basketball-Bundesliga
vergeblich angestrebt hatten, wurde durch die Ziffern auf der Anzeigetafel
doku- mentiert. Der erste Erfolg seit langem gegen den oberfränkischen
Rivalen, Ex-Meister Steiner Bayreuth, am 23. September letzten Jahres war
auch ein Markstein auf dem Weg des Umdenkens. "Bei der Beurteilung
der Saison muß man eigentlich von zwei Ansätzen ausgehen",
erklärte der Manager des TTL Bamberg, Hans Herbst. "Wenn man
berücksichtigt, daß unsere Planungen im Sommer dadurch, daß Peter Cole
und Jacek Duda doch nicht für uns spielen konnten, völlig über den
Haufen geworfen wurden, haben wir mit Platz 1 im Süden und der Halbfinal-
Teilnahme einen tollen Erfolg gehabt." Andererseits hatten die
kontinuier- lichen Erfolge des Teams irgendwann - und wohl spätestens
nach besagtem Bayreuth-Spiel - Appetit gemacht auf mehr. "Als
Süd-Meister mußte es schließlich unser Ziel sein, ins Finale zu kommen.
Daß es gegen Char- lottenburg nicht geklappt hat, ist schade, aber ich
bleibe dabei: Wir haben eine sehr erfolgreiche Saison hinter uns."
Von 40 Pflichtspielen 28 gewonnen, vom Start weg in der erstmals wieder
zweigeteilten Liga bis zum Ende auf Rang 1, 102,2 Punkte im Schnitt
erzielt, sich in der deutschen Spitzenklasse fest etabliert - gefestigt
blickt der TTL Bamberg kommenden Aufgaben entgegen.
Nach Decke strecken
Dies gelang, obwohl die Decke, nach der sich der TTL Bamberg strecken muß,
im Vergleich zu den übrigen Halbfinalisten, aber auch beispiels- weise
zum Sud-Dritten BG Ludwigs- burg, in finanzieller Hinsicht relativ niedrig
hängt. "Terry Schofield, hinter dessen Arbeit die Vereinsführung
hundertprozentig steht, versteht es, die vorhandenen Mittel nahezu optimal
umzusetzen" so Herbst über den Trainer des TTL, der in seiner
dritten Saison in Bamberg nach den Rangen 5 und 4 diesmal mit dem dritten
Platz, geteilt mit dem zweiten Halbfinal- Verlierer Steiner Bayreuth, eine
Weiterentwicklung auch in Zahlen ausgedrückt sieht. Waren es in den
Vorjahren jeweils immer die Bayreuther, gegen die die Bamberger trotz
aller Anstrengungen nicht gewonnen haben, ist die Rolle des scheinbar
unüberwindlichen Gegners heuer auf den Titelfavoriten Nr. 1, TSV Bayer 04
Leverkusen, übergegangen. Er war es auch, der im siebten Bundesligaspiel
den Oberfranken die erste Niederlage
beibrachte (94:109).
Konstant
Wir haben im Vergleich zu unseren Kontrahenten in der Süd-Gruppe
verdient gewonnen, weil wir die konstanteste Leistung gebracht
haben", analysierte Terry Schofield. Beständigkeit hat im Bamberger
Basketball seit Saisonbeginn 1990 einen neuen Namen: Mike Jackel. Der
31jährige Nationalspieler, Zweiter der Bundesliga-Korbschützenliste, hat
die Erfolge seines neuen Teams, bei dem er weitere zwei Jahre unter
Vertrag steht, wesentlich mitbestimmt. Mit Spielmacher Eldridge Recasner,
einem 22jahrigen aus dem US-Bundesstaat Washington, tat sich ein weiterer
"Neuer" oft hervor, gewohnt zuverlässig, waren die Routiniers
Ken Sweet und Kapitän Armin Andres darüber hinaus Eckpfeiler im
Mannschaftsgefüge. Besonders gegen Saisonende, als - wie gegen
Charlottenburg - eben auch die Konkurrenz stärker und der Einsatz härter
wurde, zeichnete sich immer deutlicher ab, daß die größten Schwachen
des "TTL '91" unter dem Korb lagen. Hartmut Ortmann, der zu
Beginn wegen einer Rückenverletzung Schwierigkeiten hatte, sich in seiner
ersten Saison beim TTL zurecht- zufinden, stabilisierte seine Leistung.
Dagegen fand Gary von Waaden, zurückgeworfen auch durch eine
Meniskusverletzung und einen Nasenbeinbruch, nicht zur Form des Vorjahres.
Und Al Lorenzen, der zweite Amerikaner neben Recasner, ließ nach
überzeugendem Beginn in der zweiten Hälfte der gut sieben Monate
dauernden Spielzeit die Konstanz vermissen. Sicher auch ein Grund dafür,
daß die Bamberger Mannschaft - wie schon im Vorjahr - ihren
Leistungshöhepunkt nicht in der entscheidenden Saisonphase hatte.
Abruptes Ende "Das Ende kam ziemlich abrupt, und sicher war es auch
etwas enttäuschend, denn die Chance, ins Finale zu kommen, war sicherlich
gegeben", meinte Mannschaftsführer Armin Andres. Zu den
Enttäuschungen zählte neben den beiden Niederlagen zu Ende der
regulären Runde gegen Ulm und Ludwigsburg auch das frühe "Aus"
im Pokal zu Hause gegen die Ludwigsburger mit 100:102; in diesem
Wettbewerb hatte der TTL in der vorangegangenen Spielzeit das Finale
erreicht. Obwohl dadurch, daß "Double-Gewinner" TSV Bayer 04
Leverkusen im Meistercup antrat, für den Europapokal der Pokalsieger
qualifiziert, verzichtete der TTL Bamberg in der nun zu Ende gehenden
Saison aus finanziellen Gründen auf die Teilnahme an diesem Wettbewerb.
In der Runde 1991/92 dagegen werden die Bamberger wohl international dabei
sein, und zwar im Korac-Cup, der mit dem UEFA-Pokal im
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Fußball
vergleichbar ist. Der Trikot-Werbepartner (Tipp-Ex) habe in Aussicht
gestellt, die notwendigen Mittel aufzubringen, sagte Herbst. "Es ist
für die Mannschaft sicher gut, wenn sie im internationalen Wettbewerb
steht." Zwei aus dem jetzigen Team
werden dann allerdings nicht mehr spielen: Gary von Waaden und Al
Lorenzen. Die Vertrage der beiden, die ausgelaufen sind, werden nicht
verlängert, da - wie angedeutet - beide insgesamt nicht die Leistungen
gebracht hatten, die von ihnen erwartet worden waren. Sehr fraglich ist,
ob Eldridge Recasner bleibt, den der TTL gerne behalten hatte. Jedoch
konnte mit dem von den Bamberger Zuschauern zum "Spieler des
Jahres" gewählten exzellenten Techniker bis jetzt keine Einigung
erzielt werden. "Wir haben ihm ein gutes Angebot gemacht, bei dem wir
bis an die Grenze des finanziell machbaren gegangen sind", erklärte
Herbst dazu. "Aber das hat er nicht akzeptiert, und so müssen wir
vielleicht wieder beide Amerikaner wechseln, was wir sehr gerne vermieden
hätten." Verhandlungen, so der Manager, liefen noch mit Uli Frank.
Armin Andres, Volkmar Zapf, Hartmut Ortmann, Ken Sweet, der bald
38jährige, und Mike Jackel haben Herbst und Schofield, dessen Vertrag noch ein Jahr
lauft, den die Bamberger aber gerne auch darüber hinaus an sich binden möchten,
auch weiter fest eingeplant. Genauso wie Peter Cole. Der 2,02 m lange
Center kehrt in die Mannschaft zurück, nachdem er ein Jahr lang - wie
mehrfach berichtet - nicht als Deutscher in der Bundesliga spielen
durfte.
Pelkowski kommt
Neu ins Bamberger Team, das steht jetzt
schon fest, wird Magnus Pelkowski rücken. Der 2,07 m lange und 25 Jahre
alte Flügelspieler, zuletzt beim SSV Ulm, wird bestimmt die Reboundkraft
des TTL stärken. Dies soll auch dadurch erreicht werden,
daß eine Ausländerposition mit einem
starken US-Center besetzt. Sehr
gute lange Leute sind in Deutschland fast überhaupt nicht zu
bekommen, und wenn, für uns so gut wie nicht zu bezahlen", meinte
dazu Hans Herbst. Zum Vergleich: Als Hansi Gnad, früher in Bayreuth, nach
Italien wechselte, wurde ihm ein Jahresgehalt jenseits der 300.000
Mark-Grenze zugesichert. Eine Summe, die der TTL für einen Mann nicht
aufbringen könne, obwohl, so Herbst, der Etat in der abgelaufenen Runde "erstmals
die Millionen-Grenze leicht überschritten" habe und der Verein auch
für die bevorstehende in dieser Größenordnung plane. Die
Zuschauer-Einnahmen spielen dabei, wie schon seit Jahren, nicht mehr die
Hauptrolle. "Nahezu zwei Drittel unseres Etats finanzieren wir über
Werbemaßnahmen im weiteren Sinne", sagte der Manager. "Durch die
gestiegenen Anzahl der Heimspiele ist zwar die Zuschauerzahl insgesamt
ebenfalls angewachsen, aber der Durchschnitt pro Begegnung ist bestimmt
gesunken, auch wenn die genaue Abrechnung noch vorliegt." Im Vorjahr
zahlten rund 1300 Besucher je Partie Eintritt beim TTL.
Spielmodus bleibt
Der Effekt, durch mehr Rivalenkämpfe merklich mehr Leute zum Basketball
zu locken, eine Idee, die dem im Jahr 1990 erstmals eingeführten Modus
zugrunde liegt, trat also nur bedingt ein. "Sicher ist die Zweiteilung der
Liga nicht nur von Vorteil, beispielsweise dann, wenn wir an
aufeinander- folgenden
Freitagen und Sonntagen zu Hause spielen; da kommen
die Leute halt nicht zu jeder Partie", so Herbst. Zwei
Heimbegegnungen pro Verein an einem Wochenende, das solle für die nächste
Saison möglichst nicht mehr vorkommen, ansonsten werde der Modus
beibehalten. Auch wenn der Sprung in die Finalrunde mißlang - durch seinen
ersten Platz im "Suden" hat sich der TTL Bamberg selbst unter
Erfolgsdruck gesetzt. Dem "neuen Professionalismus", den Terry
Schofield seit ein, zwei Jahren erkannt hat ("das hat nicht nur etwas mit
Geld zu tun, sondern auch damit, daß Basketball in der Spitze viel
intensiver und zeitraubender geworden ist") muß auch in Bamberg
Rechnung getragen werden. "Unsere Trainingsbedingungen haben sich
insoweit verbessert, als wir nun täglich abends in die Spielhalle können",
führt Herbst ein Beispiel an. "Aber wir arbeiten daran, auch tags- über mehr
Hallenzeit zu bekommen, um spezielle Sachen noch mehr und öfter zu üben."
Besser werden, das wissen die Bamberger, müssen sie trotz aller Erfolge,
denn die Süd- Gruppe verspricht auch für das Jahr 1991/92 starke
Konkurrenz. "Wir können jetzt nicht sagen, wir müssen im nächsten Jahr
wieder Erster oder Zweiter im Suden werden", meinte Herbst. "Bayreuth
und Ludwigsburg legen sicher nochmals zu und sind uns zumindest
finanziell überlegen. Trier hat sich auch viel vorgenommen." Es sei
sogar möglich, meint Terry Schofield, daß der TTL Bamberg mit einer
besseren Mannschaft und trotz stärkerer Leistung im Jahr 1992 in der Süd-Gruppe nur Dritter werde. Aber wer den Kalifornier kennt,
weiß, daß
es sein unbedingtes Ziel ist, den TTL Bamberg dort zu halten, wo er ihn in
den letzten drei Jahren hingeführt hat - in der deutschen Spitze.
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