Von spektakulärer
Unterhaltung war die Rede, vor allem aber davon, daß man als Zuschauer für
eineinhalb, zwei Stunden abschalten, den Alltag vergessen könne -
Antworten auf eine Fragebogen-Aktion des TTL Bamberg, mit der er
Marktforschung betrieb bei den Besuchern seiner Heimspiele. So schnell
nicht vergessen werden die, die dabei waren, was sich in der Endphase der
Saison in der Stauffenberg-Halle abspielte. Fünfmal in Folge ausverkauft
war die offiziell 2000 Fans fassende Bamberger Basketball-Arena in der
Play-off-Runde, wobei im Vorverkauf ein Run auf die Tickets einsetzte wie
zu besten Kennedy-Hallen-Zeiten. Daß die Saison mit einer Heimniederlage
endete, der insgesamt vierten in einem Bundesliga-Spiel in dieser Runde,
störte dabei kaum jemanden. Zum ersten Mai hatte eine Bamberger
Mannschaft das Finale um die deutsche Meisterschaft erreicht. Nach dem
Pokalsieg 1992 bestätigten die Oberfranken damit: sie gehören zur
Spitzenklasse im deutschen Basketball.
Höhepunkt Halbfinale
"Wir haben, und das ist ganz klar ein Verdienst unseres Trainers
Terry Schofield, aus unseren Möglichkeiten das Optimale gemacht",
erklärte Manager Hans Herbst. Was die Fans offensichtlich genauso sehen,
denn nach dem letzten (verlorenen) Finalspiel gegen die Leverkusener
feierten sie ,ihr" Team als Vizemeister begeistert. Dennoch sehen
Herbst und Schofield, der seit 1987 bei den Oberfranken tätig ist und
noch einen Vertrag für zwei weitere Spielzeiten besitzt, fas Finale nicht
als eigentlichen Saisonhöhepunkt an. Auch nicht den Überraschungscoup im
dritten Vergleich, als der TTL mit einem 68:63 in Leverkusen die geplante
Bayer-Meisterfeier platzen ließ. Das fünfte Spiel gegen die BG Ludwigsburg
im Halbfinale stufen beide höher ein. Obwohl die Ludwigsburger im Vorfeld
angekündigt hatten, sie werden uns schlagen, und obwohl es etliche
Provokationen gegeben hatte, sind die Spieler ruhig geblieben", lobte
der Trainer. Ein Meilenstein in der Entwicklung des jungen Teams, das vor
der Saison neu zusammengestellt wurde. Daß der TTL Bamberg nach der regulären
Runde mit 2773 die meisten Punkte aller zwölf Erstligamannschaften
erzielt hatte (Schnitt 86,7), verdeutlicht das Potential. Schwächen - in
der Abwehr beispielsweise oder mangelnde Erfahrung in
Streßsituationen - waren aber ebenfalls unübersehbar. Besonders in einer
Phase zum Ausklang des letzten Jahres. Drei Auswärtsniederlagen in Folge
ließen die
Verantwortlichen ins Grübeln kommen. ,Wir haben vielleicht zu viel zu
schnell gewollt", so Schofield. Die neu zu uns gekommenen Leute waren
einfach die Intensität, mit der wir arbeiteten, nicht gewohnt. Viele
erschienen müde, und es hat sich in etlichen Einzelgesprachen heraus-
gestellt, daß sie sich etwas über- fordert fühlten." In Zusammenarbeit mit Konditionstrainer Arno Wehle, dessen Arbeit sich im
ersten Jahr beim TTL bewährt hat, wurde das Programm etwas reduziert, im
Gegenzug dazu zeigten die Bamberger ab Januar die deutlich konstanteste
Leistung im Süden", was wohl entscheidend für Platz 1 war.
Gese kommt zurück
Auf welcher Ebene Hochleistungs- Basketball mittlerweile be- trieben wird,
verdeutlich die Tatsache, daß gerade vier Wochen zwjschen dem letzten
Match der abgelaufenen Saison und: dem ersten Trainingstag in der
Vorbereitung auf die bevor- stehende liegen. Vom 17. Mai bis 12.Juni
Training, anschließend eine Wettkampfreise ins Ausland, so sieht das
Sommerprogramm für die Spieler aus, die in Bamberg bleiben (Arne Alig,
Patrick King, Robert Reisenbüchler, Bruno Roschnafsky, Volkmar Zapf), ergänzt
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durch Henrik Gese, der nach einer Saison College-Basketball in Florida ins
Bamberger Bundesliga-Team zurückkehrt, und Arpad Zsold, einen
Nachwuchsspieler, der ebenfalls nach einem USA-Aufenthalt an die I. Liga
herangeführt werden soll. Nicht dabei sind Mike Jackel und Kai Nürnberger.
Beide gehören dem Europameisterschafts-Kader von Bundestrainer Svetislav
Pesic an. Wahrend Jackel noch einen Vertrag über zwei Jahre hat, ist der
von Nürnberger abgelaufen. "Wir verhandeln mit Kai Nürnberger über
einen weiteren Zwei-Jahres-Vertrag zu verbesserten Konditionen, am Montag
wird eine endgültige Entscheidung fallen", erklärte dazu der
TTL-Manager. "Die Sache ist noch offen", so der Nationalspieler.
Ebenfalls noch nicht entschieden ist über die Besetzung der Ausländer-Positionen.
Herbst: "Brian Martin und Clarence Swearengen haben mir gesagt, daß
sie gerne in Bamberg bleiben möchten. Aber das hangt stark davon ab, wie
sich Nürnberger entscheidet. Sollte er gehen, ist allerdings ziemlich
klar, daß wir auf der Aufbau-Position einen anderen Amerikaner als
Swearengen suchen müssen." Wenn neue US-Spieler geholt werden, so
Herbst und Trainer Schofield übereinstimmend, werden diese auf alle Falle
zunächst getestet; mit "Einkäufen" auf bloße Empfehlungen hin hatte der TTL
Bamberg in den letzten Jahren nicht die besten Erfahrungen gesammelt.
Qualität auf den Ausländerpositionen ist für die Bamberger
unverzichtbar, denn nach Pokalsieg 1992 und der Vize- meisterschaft wird der
Erfolgsdruck nicht geringer. Und die Konkurrenz schläft nicht. Neben den
Leverkusenern scheint sich mit Alba Berlin ein weiterer Verein herauszuschälen,
der in finanzieller Hinsicht dem übrigen Feld enteilt. Und nach dem
Wieder- aufstieg der Bayreuther hat der TTL Bamberg wieder einen ehrgeizigen
Rivalen in unmittelbarer Nachbarschaft
Rezession spürbar
Gut eine Million Mark, wie im Vorjahr, betrage der Etat für die Saison
1993/94, erklärte Hans Herbst, unter der Voraussetzung, daß der TTL
Bamberg das Halbfinale erreiche. Mit diesem Ziel und dem, Platz 1 im
"Süden"
zu verteidigen, nimmt der Vizemeister die am 10. September beginnende
Spielzeit auf. Etwa drei Viertel des Etats werden über Werbemaßnahmen
aufgebracht, etwa ein Viertel resultiere aus Zuschauer-Einnahmen. Herbst:
"Auch wenn uns unser relativ konstanter Erfolg der letzten Jahre eine
gute Verhandlungsposition verschafft: Die wirtschaftliche Rezession macht
sich auch in der Sportwerbung unüber- sehbar bemerkbar, und es muß heut-
zutage schon als Erfolg angesehen werden, wenn man die Summen aus früheren
Jahren wieder erzielen kann." Rund 1500 Zuschauer im Schnitt sahen
die Meisterschafts-Heimspiele des TTL, eine Steigerung gegenüber der
letzten Saison, aber im Vergleich zur Erstliga-Konkurrenz bestenfalls
Durchschnitt. Nicht einverstanden ist der Manager mit der Unterstutzung
durch die Stadt Bamberg. "Wir verlangen ja nichts Weltbewegendes,
aber selbst kleine Zeichen guten Willens kommen nicht. Immer wird mit
Finanznot argumentiert, was ich aber dann nicht verstehen kann, wenn - wie
beim Landessportfest oder jetzt dem DJK-Bundessportfest - Hundert-
tausende
ausgegeben werden für Dinge, von denen die Bamberger oder der Bamberger
Sport überhaupt nichts haben." Dennoch ist Hans Herbst nicht
unzufrieden. "Es hat sich durch die Stimmung, die nicht nur in der
Halle, sondern in der ganzen Stadt herrscht, gezeigt, daß
Bundesliga-Basketball und unsere Mannschaft vermehrt angenommen werden.
Und das ist ganz entscheidend, denn wenn dies nicht der Fall wäre, hätte
der ganze Aufwand überhaupt keinen Sinn."
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