Am
Pfingstwochenende fällt im Meisterschaftsfinale zwischen Alba Berlin und
Telekom Bonn die letzte Entscheidung im deutschen Basketball, der TTL
Universa Bamberg stellt bereits die Weichen für die nächste Saison. Mit
dem US-Amerikaner Walter Palmer vom MTV Gießen und dem finnischen
Nationalspieler Jari Vekkilä verpflichteten die Bamberger zu einem
relativ frühen Zeitpunkt zwei neue Spieler. TTL-Manager Hans Herbst
bilanziert die für die Bamberger bereits beendete Saison 96/97 mit
gemischten Gefühlen.
Auf der einen Seite hätten Trainer Ken Scalabroni und die von
Verletzungen arg gebeutelte Mannschaft "mit Herz gespielt und
Anerkennenswertes" geleistet, auf der anderen Seite hinterlasse das
Ausscheiden im Meisterschafts-Halbfinale gegen den Aufsteiger Bonn einen
"faden Nachgeschmack". Herbst steckt jedoch bereits mitten in
den personellen Planungen für die kommende Runde. Während die
Vertragsverlängerungen mit Markku Larkio und Norman Froemel nur noch
Formsache sind, muß der TTL wohl künftig auf Jens-Uwe Gordon und Derrick
Phelps verzichten.
Lukrative Angebote
Gordon liegen lukrative Angebote von Bayer Leverkusen und aus dem Ausland
(u. a. Spanien) vor. "Wir werden aber im Rahmen unserer
Möglichkeiten darum kämpfen, ihn zu halten", sagt Hans Herbst,
"denn Jens-Uwe hat sehr viel dazu beigetragen, daß Basketball in
Bamberg so populär ist." Phelps will sich in einem sogenannten
Sommer-Camp in den USA bei den Clubs der amerikanischen Profiliga NBA
empfehlen. Der TTL steht aber weiter in Kontakt mit dem US-Amerikaner,
dessen Rückkehr nach Bamberg nicht ausgeschlossen ist.
Nicht mehr für den TTL spielen künftig Radenko Dobras, der ohnehin einen
Kontrakt nur für ein Jahr besaß, sowie Center Ted Jeffries, dessen
häufiger verletzungsbedingter Ausfall Manager Herbst die Entscheidung
leichter machte, ihn durch Walter Palmer zu ersetzen. Der 28jährige gilt
als vielseitig einsetzbarer Spieler und trotz seiner Größe von 2,12 m
als guter Punktesammler aus allen Distanzen. Ebenso Bamberg verlassen wird
Ersatz mann Santiago Ibanez, der laut Herbst seine Rolle als
"Bankspieler" akzeptiert hatte und immer mit
"Feuereifer" bei der Sache gewesen sei. Die neuen Ziele der
Abgänge sind noch nicht bekannt.
Nachwuchsmann Sven Schultze liegen mehrere Angebote aus der Bundesliga
vor, und auch Roman Gese trägt sich mit Abwanderungsgedanken. Manager
Herbst meint: "Wir haben größtes Interesse, Sven Schultze zu
halten, denn er ist ein Teil der Bamberger Basketball-Szene. Er hat
relativ viel Einsatzzeit bekommen und einen Schritt nach vorne gemacht,
und es ist ein weiterer auch innerhalb der Mannschaft möglich. Wir
müssen abwarten, ob er den Verlockungen der anderen Vereine
erliegt."
Noch laufende Verträge haben neben Trainer Ken Scalabroni, der derzeit
ein paar Tage Urlaub in Paris macht, auch Kai Nürnberger, Bruno
Roschnafsky und Stefan Svitek, so daß der Kader des TTL derzeit bereits
sieben Spieler umfaßt. Die Verpflichtung des 21jährigen Vekkilä kam
durch Kontakte von Scalabroni nach Finnland, wo er früher als Coach
tätig war, zustande. Der 1,98 m große Flügelspieler von KTP Kotka
absolvierte jüngst seine ersten Einsätze im Nationalteam und spielt nun
erstmals für einen ausländischen Verein. Walter Palmer, der beim TTL
einen Zweijahresvertrag unterschrieb, verfügt über mehr Erfahrung. Vor
seinem einjährigen Gastspiel in Gießen war er bereits bei Utah Jazz in
der NBA, in Argentinien, Spanien und Italien sowie in der Bundesliga bei
der BG Ludwigsburg aktiv.
Konzept durchkreuzt
Mit den Neuverpflichtungen wolle, so Manager Herbst, der TTL an seinem
Konzept festhalten, um den Stamm mit Kai Nürnberger eine verjüngte
Mannschaft aufzubauen. "Diese Entscheidung vor der letzten Saison hat
sich, denke ich, als richtig erwiesen", meint Hans Herbst. Das neue
Konzept durchkreuzte jedoch in der abgelaufenen Saison eine unter den
Bundesligisten einzigartige
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Verletzungsmisere.
"Wenn diese Mannschaft die ganze Saison zusammengespielt hätte,
hätten wir, so denke ich, eine echte Chance gehabt, deutscher Meister zu
werden", erklärt Herbst, "denn es steckte soviel Potential in
der Mannschaft." Wie viel genau, das konnten die TTL-Verantwortlichen
und die Fans wegen der Verletzungen nie erfahren. Trainer Scalabroni hatte
oft nur fünf Mann zur Verfügung, an einen vernünftigen Trainingsablauf
war nicht zu denken. Und im Spiel mußte er das Team immer wieder umbauen
und die Rollen neu verteilen. "Man muß ihm ein großes Kompliment
machen", sagt Herbst, "Ken hat unter extremen Bedingungen
wirklich gute Arbeit geleistet. Es ist auch für den Trainer frustrierend,
nicht zu wissen, wer im nächsten Spiel dabei sein kann. Er hat diese
Bedingungen hingenommen und das Beste daraus gemacht."
Markku Larkio, Derrick Phelps und Stefan Svitek, die von größeren
Verletzungen verschont blieben, mußten während der ganzen Saison fast
ständig durchspielen. Was laut Herbst zu Folgendem führte: "Diese
Spieler haben sich im Viertelfinale gegen Trier noch einmal aufgebäumt,
doch gegen Bonn waren sie physisch und psychisch am Ende. Irgendwann ist
der Akku leer." Den Rest gab den angeschlagenen Bambergern dann die
knüppelhart verteidigende Bonner Überraschungsmannschaft, der der TTL
nicht mehr viel entgegenzusetzen hatte. Auch Spielmacher Kai Nürnberger
sei, so Herbst, nach seiner einjährigen Verletzungspause in den Play-offs
überfordert gewesen.
Mit den Neuzugängen zeigt sich der Manager insgesamt sehr zufrieden:
"Phelps hat uns lange über Wasser gehalten, hätte am Ende aber
wegen einer Bronchitis eigentlich gar nicht mehr spielen dürfen. Larkio
war im Play-off total am Ende, denn er war nur die nicht so starke
finnische Liga gewöhnt. Er hat sich immer in den Dienst der Mannschaft
gestellt, vielleicht ein bißchen zuviel. Froemel hat ein sehr großes
Potential und war auf einem guten Weg, jedoch hat ihn die
Rückenverletzung zurückgeworfen. Was ihm noch fehlt: er muß seinen
Körper noch mehr einsetzen. Svitek hat uns mit seiner Erfahrung sehr
geholfen, ihm fehlt manchmal noch ein Schuß Härte." Radenko Dobras,
der verletzungsbedingt erst am Saisonende spielen konnte, habe dann das
Selbstvertrauen gefehlt.
Vor der sportlichen Zukunft in der nächsten Saison ist Hans Herbst nicht
bange, doch die Rahmenbedingungen für Spitzenbasketball in Bamberg machen
dem TTL-Manager weiterhin größte Sorgen. Er erklärt: "Basketball
hat in Deutschland in der letzten Saison eine enorme Entwicklung gemacht.
Eine Halle für 9000 Zuschauer wie in Berlin, die regelmäßig gefüllt
war, ist von unschätzbarem Wert, weil auch Leute und Sponsoren für den
Sport Interesse zeigen, die bisher wenig dafür übrig hatten. Das
Spektakel um das Spiel herum ist enorm wichtig. In Bonn mit einer Halle
für 4100 Zuschauern bewegt sich viel, dort herrscht Aufbruchstimmung,
auch weil die Stadt und das ganze Umfeld auf Basketball eingestellt sind.
Und auch in Trier wird jetzt eine große Halle gebaut. Nur in Bamberg tut
sich da gar nichts. Eine neue Halle ist nicht in Sicht, für ein
lebendiges Bamberg ist kein Geld da. Und so müssen wir zusehen, wie wir
von anderen Vereinen überholt werden. Wir können da auf Dauer nur
mithalten, wenn wir ähnliche Voraussetzungen haben."
Spannung garantiert
Das Problem stellt sich für den TTL also bereits mit dem Wettbewerb auf
nationaler Ebene. Dagegen erwiesen sich die Auswirkungen des
Bosman-Urteils laut Herbst als nicht so schwerwiegend wie befürchtet:
"Die Spielerschwemme ist ausgeblieben. Obwohl das Angebot an
deutschen Spielern knapp ist. hat es in der Bundesliga keine Überfremdung
gegeben. Die ausländischen Spieler haben sich sogar als belebend für die
Konkurrenz erwiesen, weil nun auch schwächere Teams stärker geworden
sind. Das ausgeglichene Feld in der Bundesliga garantierte für die
Zuschauer immer Spannung."
Am 25. Mai wird der Europäische Basketball-Verband FIBA wohl auch ein
uneingeschränktes Spielrecht für Europäer aus Ländern beschließen,
mit der die Europäische Union Assoziierungsverträge geschlossen hat
(z.B. Polen, Tschechische Republik, Rumänien, Ungarn). Dann vergrößert
sich der Spielermarkt nochmals.
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