TTL
Bamberg will raus aus dem Trott |
"Der TTL
Bamberg braucht einen Schnitt und eine neue Herausforderung, da man in
einem gewissen Trott drin ist." Klare Worte spricht Armin
Andres" von 1984 bis 1991 Spieler beim Basketball-Bundesligisten TTL
Universa Bamberg. Der 40jährige Bamberger ist ab sofort Sportdirektor
beim Tabellensechsten der abgelaufenen Saison. Er will dazu beitragen,
daß der Verein "in zwei bis drei Jahren zu einer richtigen
Konkurrenz für deutsche Spitzenmannschaften" wird und hat eine
Konzeption erarbeitet" mit dem dieser ehrgeizige Plan gelingen soll
(siehe auch untenstehenden Bericht). Während Andres die Verantwortung als
sportlicher Leiter hat, bleibt Trainer Ken Scalabroni für die
Bundesligamannschaft zuständig.
Deren Gesicht für die nächste Saison zeichnet sich noch nicht ab"
personelle Entscheidungen sind noch nicht gefallen. "Alle Verträge
laufen aus oder werden aufgelöst, wir haben also volle
Handlungsfreiheit", sagt Zweiter Vorsitzender Hans Herbst, "wir
werden erst mit allen Spielern sprechen". Armin Andres" der mit
Trainer Scalabroni die Mannschaft für die Saison 1999/2000
zusammenstellen soll, verrät soviel: "Wir werden die Mannschaft
umstellen, werden gestandene Spieler im Team haben und diese mit jungen
Leuten ergänzen."
Daß nach der Spielzeit 98/99 Handlungsbedarf in personeller und
struktureller Hinsicht bestehen würde, macht Hans Herbst klar. Er meint
im Rückblick: "Die Saisonbilanz fällt gemischt aus. In den letzten
zehn Jahren sind wir immer unter die ersten vier gekommen, es war klar,
daß es mal sportlich nicht so gut laufen kann. Der sechste Platz im
Endergebnis ist keine Katastrophe. Aber er darf nicht darüber
hinwegtäuschen, daß sich einige Dinge gezeigt haben, die so nicht
voraussehbar waren und in Zukunft auch nicht mehr akzeptiert werden."
Einige Akteure hätten die Erwartungen nicht so erfüllt, wie man sich das
vorgestellt habe, einige hätten auch "nicht die nötige
Fitness" gehabt. "Das kann man nicht wegdiskutieren, und man
muß daraus Konsequenzen ziehen", so Herbst. Namen will er mit
Rücksicht auf die noch anstehenden Vertrags- bzw. Auflösungsgespräche
nicht nennen. Der TTL müsse sich an den vorderen Mannschaften orientieren,
deren Basketballstil sehr körperbetont sei, und hier gelte es
nachzuziehen. Den Zuschauern der TITL-Heimspiele blieb nicht verborgen, wo
es haperte. Von den Centern konnte Walter Palmer nach seiner Verletzung zu
Saisonbeginn nicht an den Glanz des letzten Jahres anknüpfen, Jens-Uwe
Gordon fehlte nach seinem mißglückten Auslandstrip Spielpraxis, und
Norman Froemels Leistung stagnierte. Bei den Außenspielern mühten sich
Niklas Lütcke in der für ihn ungewohnten Rolle als Führungsspieler und
Jari Vekkilä als Ersatzmann für Kai Nürnberger, der große Durchbruch
blieb ihnen aber verwehrt. Von Konstantinos Spanos waren
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von vorneherein
keine Wunderdinge zu erwarten. Mikko Saviniemi konnte seinen aus
Verletzungsgründen nicht weiterverpflichteten finnischen Landsmann
Markku Larkio nicht
annähernd ersetzen. Einzig Spielmacher Kai Nürnberger und sein Nebenmann
Kevin Lynch überzeugten weitgehend, auch wenn sie sich ebenfalls
Auszeiten gönnten. "Durch den achten Platz nach der Punkterunde
hatten wir keine gute Ausgangsposition" zumal klar war "daß wir
Berlin in einer Serie mit fünf Spielen nicht besiegen können",
analysiert Hans Herbst, "was mir nicht gefallen hat, war die Art und
Weise, wie sich die Mannschaft präsentiert hat, bei einigen hat der Wille
gefehlt". Im Viertelfinale des Meisterschafts-Play-Offs dreimal in
Serie mit 28 Punkten Differenz gegen Alba Berlin verloren, so weit war der
TTL, der doch laut Vorgabe der letzten Jahre immer näher an die Berliner
heranrücken wollte, von Alba noch nie entfernt. "Die Mängel werden
einem bei einem Spiel gegen Berlin viel deutlicher vor Augen geführt als
beispielsweise gegen Braunschweig", resümiert der Zweite Vorsitzende
des TTL.
Das Fazit von Trainer Ken Scalabroni fällt weit weniger ernüchternd aus,
wenn er meint: "Wir sind ohne Frage schlecht in die Saison gestartet.
Wir mußten neue Leute integrieren, und die Verletzungen am Anfang haben
uns schon fast das Genick gebrochen. Als die Spieler länger zusammen
waren, hat der TTL eine seiner besten Rückrunden gespielt und eine gute
Defensive gezeigt."
Ein großes Problem sei gewesen, daß die Mannschaft so oft ein anderes
Gesicht gezeigt habe, sehr guten Spielen seien Einbrüche wie beim
Final-Four-Turnier im Pokal gefolgt. Im Gegensatz zum letzten Jahr, als
der Kader "tiefer, eingespielter und erfahrener" gewesen sei,
habe die Mannschaft in der abgelaufenen Saison in keinem wichtigen Spiel
wie in Leverkusen, Bonn, beim Final Four oder im Korac-Pokal in Citluk die
"big points" gemacht. "Es war nicht einfach in diesem
Jahr", bilanziert Ken Scalabroni, "aber die Spieler haben in
guten wie in schlechten Zeiten zusammengehalten, dafür bin ich ihnen sehr
dankbar. Ich möchte diese Mannschaft nicht in ein schlechtes Licht
rücken".
Ein Problem, das den TTL schon seit Jahren drückt, sind die im Vergleich
zu den meisten anderen Bundesligaclubs schlechteren Rahmenbedingungen. An
der finanziellen Lage werde sich laut Herbst nichts ändern, solange nicht
durch eine neue Halle bessere Möglichkeiten gegeben seien. Hans Herbst
meint dazu: "Der entscheidende Punkt ist, daß wir, wenn wir national
und international mithalten wollen, zehn vollwertige Spieler brauchen. Das
ist aber eine Frage des Geldes." Wenn man aber nur wenige
Leistungsträger und zudem Verletzte habe, gerate man in den Spielen immer
mehr unter Druck. Bisher, so Herbst, habe der TTL immer Spieler geholt, um
das Niveau aufrechtzuhalten, jetzt sei der richtige Zeitpunkt, einen
Schnitt zu machen. "Derzeit ist es uns nicht möglich, näher an
Berlin heranzukommen", sagt der Zweite Vorsitzende, "doch das
neue Konzept ist ja auch darauf ausgerichtet, dies zu ändern".
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Zusammenarbeit
ausweiten
Basketball-Stützpunkt als Eckpfeiler des Sportkonzeptes
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Der Einstieg von
Armin Andres als Sportdirektor lag nahe. "Er lebt in Bamberg, ist geschäftlich hier tätig, war ein hervorragender
Basketballspieler und ist im Basketball als Trainer tätig, also
haben wir ihn gebeten, hier mitzumachen", berichtet Hans Herbst.
Lose Gespräche über eine Zusammenarbeit fanden schon seit über einem
Jahr statt, doch erst jetzt - nach der für den TTL beendeten Saison
98/99 - machte der Bamberger Bundesligaclub mit dem gebürtigen Bamberger
Nägel mit Köpfen. Andres, in Rosenheim aufgewachsen, begann
mit Anfang 20 seine Karriere in der Basketball-Bundesliga, nach drei
Jahren in Hagen spielte er sieben Jahre in Bamberg und drei in
Gießen, nach einem anschließenden viermonatigen Gastspiel bei Alba
Berlin stieg er ins Trainergeschäft ein. Nach zweieinhalb Jahren in
Gießen ist er seit 1996 Honorartrainer beim beim Deutschen
Basketball-Bund (DBB). In der kommenden Saison ist der Ex-Nationalspieler
beim DBB weiterhin tätig als Trainer der U-20-Auswahl und Co-Trainer von
Bundestrainer Henrik Dettmann.
Das Konzept, das dem TTL in nicht allzu ferner Zukunft wieder einen Platz
in der deutschen Spitze verschaffen soll, erläutert Armin Andres:
"Wir werden zum einen die Mannschaft neu strukturieren und die
sportlichen Ansprüche kurzfristig zurückschrauben, um langfristig wieder
an die Spitze zu kommen. Zum anderen wollen wir einen Basketball
Stützpunkt für junge Spieler mit einem hauptamtlichen
Jugendtrainer einrichten und die sportliche Kooperation mit den Vereinen
aus dem Raum Bamberg, eine Gegend mit Basketball-Tradition,
ausweiten."
Um einige erfahrene Spieler herum sollen junge Leute an die Bundesliga
herangeführt werden
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Die sportliche
Konzeption zielt darauf ab, die bestehende Kooperation mit dem
Zweitligisten Breitengüßbach auf den "Güßbacher"
Ligakonkurrenten Rattelsdorf auszudehnen. Dabei sollen Nachwuchsleute
teilweise mit Doppellizenz sowohl in der Bundesliga als auch der II. Liga
eingesetzt werden. Vage Vorgespräche mit Rattelsdorf, das bisher eine
Kooperation mit dem Bundesligisten DJK Würzburg pflegte" haben
bereits stattgefunden.
Mit dem Stützpunkt, den der TTL ins Leben rufen will, soll die
Betreuung der Jugendlichen nach dem Vorbild der Bundesligisten
Berlin, Bonn und Leverkusen intensiviert werden. "Die Erfahrung
hat gezeigt, daß es Probleme gibt, wenn die jungen Spieler aus
ihrem familiären Umfeld herausgerissen sind, deshalb bestand
Handlungsbedarf", erklärt Hans Herbst mit Blick auf negative
Erfahrungen in der Vergangenheit. Er hofft auf finanzielle Unterstützung
durch den Basketball-Verband, die Vereine der Region sowie den
Förderverein und die Basketball-Stiftung Bamberg.
Den jungen Spielern, sagt Andres, wolle man mit dem Stützpunkt
"einen Anreiz für die Ausbildung zum Profi" geben. "Die
sportliche Konzeption erfolgt immer in Abstimmung mit Ken Scalabroni und
greift nicht in das mannschaftliche Konzept ein, denn ich will keinen
Einfluß auf die Trainerarbeit nehmen", so Armin Andres weiter.
Der TTL-Coach meint: "Den Schnitt jetzt zu machen, ist richtig, und
das Konzept ist gut. Aber man muß erst mal abwarten, wie es zu
realisieren ist." Scalabroni sieht dabei ein großes Problem:
"Alle rennen nach dem Geld, es wird schwierig sein, Spieler für
dieses Konzept zu finden. Wenn ein junger Spieler Geld sucht, ist er hier
falsch."
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Quelle:
Fränkischer Tag 13.04.1999 |
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