.
startseite | auswahl history
.

STANDPUNKT
So nicht ins Rampenlicht

Im deutschen Basketball wird immer wieder über das mangelnde Medien- interesse geklagt. Bewegte Bilder  werden größtenteils nur im Bezahl- Fernsehen gezeigt. Das Skandalspiel zwischen Bonn und Bamberg  er- langte gestern dagegen die zweifel- hafte Ehre, sowohl im Morgen- als auch im Mittagsmagazin der ARD präsent zu sein. Kein Wunder, denn die Disqualifikation von insgesamt 14 Spielern und eines Trainers sorgten natürlich landesweit für enormes Aufsehen. Prügeleien auf dem Spielfeld mit anschließender Rudelbildung, das gibt es in vielen Sportarten. Eine Entscheidung wie die vom Donnerstag, ein Spiel danach mit nur noch vier Akteuren der einen und fünf der anderen Mannschaft fortzusetzen, ist dagegen einmalig. Und sie zeigt einmal mehr, dass die Unparteiischen in Deutschland der Entwicklung in dieser schnellen Sportart nicht gewachsen sind. Die drei Schiedsrichter und der Technische Kommissar am Anschreibetisch trafen nach 20-minütigen Beratungen sicherlich nach bestem Wissen und Gewissen eine Entscheidung, die jedoch nicht nachvollziehbar ist - weder von Jett Aktiven noch von den Fans auf der Tribüne. Keiner hatte in diesem Tumult die Übersicht behalten, Spieler, Trainer und Betreuer stürmten aufs Feld und versuchten die Streithähne zu trennen. Die Entscheidung, eine Mannschaft mit einem Akteur weniger weiterspielen zu lassen, ist ohne das vorherige Studium der Video-Bilder schlichtweg eine Farce. Die Diskussion um die erhöhte Gewaltbereitschaft von Jugendlichen wird seit längerem geführt. Der Sport sollte diesbezüglich eher Vorbildcharakter in punkto Fairness besitzen. Dass Spieler sich in der Hitze des Gefechts zu Kurzschlusshandlungen hinreißen lassen, will zwar keiner sehen, ist aber nur schwer zu verhindern. Amokläufe wie die von Michael Meeks sind allerdings besser in Rambo-Filmen aufgehoben als auf dem sportlichen Parkett. Seine Unbeherrschtheit war der Auslöser für einen Skandal, der dem deutschen Basketball eine zweifelhafte Medienpräsenz und erheblichen Schaden beschert hat.

Eines ist klar: Spiel 3 am Sonntag
SPERREN NOCH OFFEN Michael Meeks löste mit einem Schlag in den Unterleib von Uvis Helmanis die Tumulte aus. GHP-Trainer Dirk Bauermann ist sicher: "Wir werden am Sonntag zeigen, dass wir das bessere Team sind."

Michael Meeks (I.) und Andrew Wisniewski gehen Steffen Hamann an den Kragen. Spencer Nelson und Uvis Helmanis (r.) eilen ihrem Teamkollegen zu Hilfe.
VON KLAUS GROH, FT

Bamberg - Die erste Entscheidung, die nach dem Skandalspiel am Donnerstag in Bonn von der Spielleitung der Basketball-Bundesliga getroffen wurde, ist, dass die dritte Viertelfinalpartie am Sonntag (17 Uhr) zwischen dem deutschen Meister und den Telekom Baskets auf jeden Fall ausgetragen wird. Über den Protest der Bamberger gegen die Wertung der mit 64:75 verlorenen zweiten Partie sowie über mögliche Sperren gegen die disqualifizierten Akteure wird erst am heutigen Samstag ein Urteil gefällt. Der Pressesprecher der Basketball-Bundesliga (BBL) Dirk Kaiser, betonte gestern Abend, dass Spielleiter Dirk Horstmann erst alle Stellungnahmen der Betroffenen abwarten wollte, um sich ein endgültiges Bild von der Massenschlägerei in der Hardtberghalle machen zu können.

Tiefe Fleischwunden bei Hamann
Wie die Fernsehbilder eindeutig belegen, ließ ein Schlag von Bonns Center Michael Meeks in den Unterleib von Uvis Helmanis, dem ein harmloses Foul von Steffen Hamann gegen Andrew Wisniewski vorausgegangen war, die Situation eskalieren. „Es ist ganz klar, dass das alles nicht von uns ausgegangen ist", erklärte GHPTrainer Dirk Bauermann gleich nach der Partie. Nach einigen Schubsern und Handgreiflichkeiten zwischen Hamann und den Bonnern Meeks und Wisniewski rastete der BasketsCenter aus, riss Hamann zu Boden und traktierte ihn später auch noch mit Fußtritten. Der Bamberger Aufbauspieler hatte sich beim Sturz in die Werbebande tiefe Fleischwunden an der rechten Hand zugezogen und wird am Sonntag keinesfalls spielen können.



Aufgrund der folgenden Rudelbildung auf dem Spielfeld wurden insgesamt 13 Akteure von der Partie  ausgeschlossen - neun davon, weil sie von der Bank aufs Spielfeld gerannt sind, Meeks und Wisniewski (beide Bonn) sowie die Bamberger Hamann und Helmanis wegen vermeintlicher Unsportlichkeiten. Vermutlich ziehen diese Verfehlungen auch Sperren nach sich. Horstmann hat am späten Freitagabend zwar offensichtlich Entscheidungen getroffen, die er aber erst heute bekanntgeben wird. 
Kurz vor Schluss der ungleichen Partie mit fünf verbliebenen Bonner Akteuren und den nur vier  Bambergern wurden dann auch noch der Baskets-Center Milos Paravinja wegen einer Attacke gegen Chris Ensminger und der Bamberger Coach Dirk Bauermann vorzeitig in die Kabinen geschickt. Ob sie am Sonntag mit von der Partie sein können, war bis gestern Abend ebenfalls noch nicht entschieden.
"Es seht letzt darum dass man die Nerven bewahrt, solche Dinge passieren schon einmal. Das will keiner sehen, aber das sind auch nur Menschen auf beiden Seiten. Jetzt muss man das Ganze wieder auf eine Ebene holen, wo guter Sport möglich ist, denn darum geht's am Ende", so Bauermann. Der Partie am Sonntag blickt der GHP-Coach zuversichtlich entgegen: „Ich denke, dass uns diese Begegnung viel Kraft geben wird, noch enger zusammenrücken lässt und dass unsere Fans unglaublich sein werden. Aber es ist sicher auch wichtig, dass wir unsere Emotionen die bessere Mannschaft. Das werden wir Sonntag zeigen. Dass uns das für die Verteidigung zusätzlich Energie geben wird, das darf man erwarten. Aber wichtig ist, dass es sportlich fair bleibt und wir unsere Qualität durchsetzen."

„Entscheidung ist nicht nachvollziehbar"

Mit blutender Hand verlässt Steffen Hamann das Parkett, nachdem er von Michael Meeks wüst attackiert wurde.

Die Vorkommnisse in Bonn erinnern GHP-Präsident Hannes Kemmer an seine Kindheit. „Wir haben bei den Blumen Blätter abgezupft, nach dem Motto, sie liebt mich, sie liebt mich nicht. In Bonn war es ähnlich. Am Ende sind einfach neun Blätter übrig geblieben", erläutert Kemmer sein  Unverständnis, dass 28 Minuten lang vier Bamberger fünf Bonnern gegen überstanden. „Ich verstehe das einfach nicht. Seit Monaten diskutieren wir in der BBL darüber, ob wir uns für wichtige Spiele Schiedsrichter aus dem Ausland holen. Als Ergebnis kommt dann raus, dass ein Engländer die Partie leitet, der die ganze Saison nur Schrott gepfiffen hat", 
kritisiert Kemmer vor allem Richard Stokes und fügt an: „Ich habe ja Verständnis dafür, dass die Schiedsrichter in einer solchen Situation den Überblick verlieren, aber die Entscheidung fünf gegen vier spielen zu lassen, ist für mich nicht nachvollziehbar."
Für seinen Präsidenten-Kollegen Wolfgang Niedlich aus Bonn ist klar: „Nach allem, was wir wissen und gesehen haben, gehören die Spieler Hamann und Meeks bestraft. Zum großen Rest kann man nur sagen: Es war mehr eine Massenschlichtung als eine -schlägerei." Als Offizieller habe man „sich eisern angewöhnt", Schiedsrichter nicht zu kritisieren, auch wenn sie zu kritisieren seien, „aber für den Verlauf dieses Spiels sind die Referees leider nicht unschuldig. Sie haben die Eskalation programmiert, in dem sie den vielen Bamberger Provokationen und kleinen Fouls abseits des Balles vor dem Gewaltausbruch nur zugeschaut haben."
Nach so einem Match sei es angemessen, „inne zu halten und nachzudenken". In dieser Hinsicht hätten die Bamberger und Bonner Fans sich nach dem Schlusspfiff vorbildlich  verhalten; „sie haben das Signal des Vorgefallenen verstanden". Aber für Bundestrainer Dirk Bauermann habe er keinerlei Verständnis, so Niedlich in seiner gestrigen Presseerklärung: „Wie kann man seine mediale Plattform als Bundestrainer nur so missbrauchen?" fragt Wiedlich: 
„Wie kann ich mich nach diesen Vorkommnissen vor die ARD-Kameras stellen und gleich wieder PR in Bamberger Sache betreiben und treuherzig ins Mikrofon plappern, ein Bonner hat mit dem Ganzen angefangen'?" Wer gleich schon wieder Öl ins Feuer gieße, „hat nichts, wirklich gar nichts verstanden".
„Die Bonner haben zuerst fälschlicherweise kolportiert, dass die Tätlichkeit von Meeks eine Reaktion auf Uvis Helmanis gewesen sei. Insofern soll man nicht mit Steinen werfen, wenn man im Glashaus sitzt. Außerdem will die alberne Vermischung von Vereins- und Bundestrainer sowieso keiner mehr hören", konterte Bauermann die Äußerungen des Baskets-Präsidenten.

Quelle: Fränkischer Tag vom 06.05.2006

zurück zur auswahl