Wer
bis zuletzt kämpft, kann gewinnen, wer aufhört zu kämpfen, hat
verloren. Getreu dieser Devise feierten die Bundesliga-Basketballer von
GHP Bamberg gestern Abend einen 91:87 Erfolg gegen den Tabellenzweiten
Telekom Baskets Bonn, der erst nach einer Nervenschlacht und zwei
Verlängerungen fest stand.
von Norbert Felgenhauer
Eine Minute gespielt, kein Korb, aber drei Fouls - schon die Anfangsphase
gab den Ton an für dieses letzte Heimspiel der Punkterunde von GHP
Bamberg, das einen Vorgeschmack auf die Play-offs bot. Keine der beiden
Mannschaften brachte zunächst ihre Positionsangriffe durch, so dass erst
ein Tempogegenstoß durch den Top-Korbjäger der Gäste, Rimantas Kaukenas,
die ersten Zähler brachte. Doch nur zwei Minuten später nahm der Litauer
wutentbrannt auf der Bank Platz, nachdem er sein drittes Foul kassiert
hatte. Auch ohne ihren besten Schützen allerdings blieben die
Rheinländer, vor allem dank der Treffsicherheit von Altron Jackson (zehn
Punkte vor der Pause), in den ersten zehn Minuten stets in Führung
während auf Bamberger Seite vor allem Uvis Helmanis mit Distanzwürfen erfolgreich
war. 15:20 hieß es nach dem ersten Viertel, nachdem Jugoslaw Dasic mit
einem Dunking in letzter Sekunde die Zuschauer hatte jubeln lassen.
Gut zwei Minuten vor der Halbzeitpause war der Vorsprung des
Tabellenzweiten zweistellig. Spielmacher Aleksandar Capin war in die Zone
gezogen und hatte vollendet, nachdem die Bonner zuvor vor allem mit
ihren Dreiern durch Djordje Djogo und Aleksandar Nadjfeji getroffen
hatten. Ein Neun-Punkte-Polster nahmen die Gäste schließlich mit in die
Kabinen. Gegen die Zonenverteidigung taten sich die Männer von Coach Dirk
Bauermann schwer, und wenn sie ihre Gegner einmal zu Fouls zwangen, so
versäumten sie es, ihre Freiwürfe zu nutzen (nur vier Treffer bei acht
Versuchen). Auf der anderen Seite war die Feldwurfquote der Rheinischen
vor dem Wechsel (56 Prozent) einfach zu hoch, als dass GHP hätte
herankommen können - auch wenn die Hausherren trotz des Fehlens von
Center Chris Ensminger (er saß, ebenso wie Gert Kullamäe, in Zivil
verletzt auf der Bank) im Rebound (19:13) deutliche Vorteile besaßen und
somit auch sechs Wurfversuche mehr verzeichneten als ihr Gegner. Am
meisten tat den Bambergern allerdings der Vergleich bei den Dreiern weh:
Nur ein Treffer - gleich der erste von Helmanis - gelang ihnen bei zwölf
Versuchen in den ersten 20 Minuten, während die Telekom Baskets siebenmal
bei 14 Anläufen aus der Distanz erfolgreich waren. Doch nach knapp der
Hälfte des dritten Abschnitts war die Partie wieder völlig offen - und
dafür hatten die Bamberger mit ihrer Verteidigung gesorgt. Nur einen
Feldkorb erzielten die Gäste in den ersten fünf Minuten nach dem Wechsel
- nach dem 40:42 sah sich Telekom Trainer Predrag Krunic genötigt, eine
Auszeit zu nehmen. Ein weiteres Einknicken seines Teams verhinderte er
damit - aber die Begegnung blieb eng. Während die Bamberger nun
energischer den Korberfolg suchten, gingen die Bonner auf Grund der nun
deutlich gesteigerten Intensität in der GHP-Verteidigung immer wieder an
die Freiwurflinie. Beim Stand von 49:52 ging es ins letzte Viertel - und
spätestens nach einem harten Foul von Oluoma Nnamaka an Uvis Helmanis war
die Kulisse im mit 4500 Zuschauern ausverkauften Forum wieder richtig da.
Das Forum bebt
Und noch mehr, als Helmanis in der 34. Min. erstmals überhaupt im
ganzen Spiel den Ausgleich zum 52:52 herstellte. Und noch viel mehr, als
Rick Stafford, der es zuvor geschafft hatte, seinen Gegenspieler Rimantas
Kaukenas nahezu völlig auszuschalten, mit dem zweiten GHP-Dreier in Folge
(zuvor hatte Derrick Taylor getroffen) nach 52:58-Rückstand erneut
gleichzuziehen. Eineinhalb Minuten waren da noch zu spielen - alles drin.
Zwei Punkte Vorsprung und Ballbesitz, das war die Ausgangslage für die
Gastgeber gut eine halbe Minute vor dem Ende. Jason Sasser hatte sein Team
erstmals seit dem 3:2 mit 60:58 nach vorn gebracht. Doch kam GHP beim
folgenden Angriff nicht zum Wurf, und 15 Sekunden vor dem Ende war wieder
Bonn am Zug. Nun testeten beide Teams die Nerven ihrer Gegner, und die
hielten. Zweimal schickten die Bamberger den jungen Telekom-Spielmacher
Aleksandar Capin an die Linie, alle vier seiner Würfe fanden ihr Ziel.
Darunter auch |
die
zum 62:62, dem Stand nach 40 Minuten. Jason Sasser hatte zuvor zwei
Freiwürfe für die Oberfranken getroffen, dennoch ging's in die
Verlängerung. Und da hieß es zunächst: Vorteil Bonn. Kaukenas tauchte
aus der
Versenkung auf und traf drei Korbleger, Klepac erzielte von der
Freiwurflinie seine Punkte Nr.2 und 3 im gesamten Match, während bei
Bamberg erst einmal gar nichts lief. 62:70, alles vorbei? Noch nicht.
Dreier von Stafford und I Helmanis, zwei Freiwürfe von Sasser, und knapp
zwei Minuten vor Ende der Verlängerung hieß es 70:71. Gleiches Spiel
Sekunden später. Klepac und Capin hatten für das 70:75 gesorgt, Stafford
auf der Gegenseite zwei Freiwürfe daneben gesetzt - und wieder kämpfte
sich GHP heran. Dreier Taylor 37 Sekunden vor dem Ende, 73:75, Fehlwurf
Klepac, Rebound Stafford, der dabei gefoult wurde - und diesmal zitterte
der kampfstarke Bamberger Flügelspieler 21 Sekunden vor dem Ende seine
beiden Fehlwürfe ins Netz zum 75:75. Zwar schafften es die Gastgeber
nicht, den folgenden Bonner Angriff ohne Foul zu stoppen, aber nach zwei
Freiwurfpunkten von Nadjfeji mussten auch die Bonner foulen. Steffen
Hamann behielt die Nerven, 77:77, zweite Verlängerung. Drei Bonner (Djogo,
Jackson und Nnamaka) und zwei Bamberger (Hamann und Nahar) waren mit fünf
Fouls ausgeschieden, kaum dass die zweite "Sonderschicht"
begonnen hatte. Und in der hatten die Gastgeber das Heft in der Hand, und
der Tabellenzweite musste hinterher rennen. Und das konnten sie gestern
Abend genauso gut wie ihr Gegner. Bis auf 86:78 setzte sich GHP ab, wobei
Rick Stafford einen Dreier von einem Meter hinter der 6,25-m-Linie setzte
- aber als die Uhr nur noch 65 Sekunden Restspielzeit zeigte, hatten die
Bonner ihrerseits drei Dreier verwandelt - 89:87, der Nervenkrieg ging
weiter. Und es war einer. Fehlwurf Jason Sasser, Fehlpass Aleksandar Capin
- das Spiel hatte Substanz gekostet. Aber scheinbar nicht bei Derrick
Taylor. Nochmals zwei Freiwürfe, nochmals zwei Treffer des 40-jährigen
elf Sekunden vor dem Ende, das war's. 91:87 gewann GHP Bamberg
ersatzgeschwächt, als zwei Stunden und 23 Minuten nach dem ersten
Sprungball die Schlusssirene ertönte - was für ein Abschluss der
Punkterunde, was für ein Appetithappen für die Play-offs, die am ersten
Mai-Wochenende beginnen.
Dirk Bauermann (Trainer GHP Bamberg): "Das war beste Werbung für
den Basketball. Beide Mannschaften sind über ihre Leistungsgrenzen
gegangen. Wir haben den Sieg mit unglaublicher Moral erkämpft, auch Dank
der Unterstützung der Zuschauer. Das Spiel hat aber eigentlich keinen
Verlierer verdient. Wir sind ein Team, das bekanntlich über Verteidigung
und Leidenschaft zu seinem Spiel findet, aber wie sich die Spieler heute
auf den Ball geworfen haben und Verletzungen riskiert haben, ist alles
andere als selbstverständlich im Profibasketball Am Ende des Spiels haben
wir wir Sieg einfach so sehr gewollt - egal was Bonn versucht hat, wir
hatten die richtige Einstellung. In der ersten Halbzeit haben wir sehr
intensiv verteidigt, aber sehr schlecht geschossen. Ich habe den Spielern
in der Halbzeit gesagt, dass sie sehr frech werfen sollen. Wir haben Bonn
niedergekämpft, aber auch niedergespielt. Und das, obwohl zwei Spieler
gefehlt haben. Was die anderen, vor allem auch Volkmar Zapf, geleistet
haben, war toll."
Predrag Krunic (Trainer Telekom Baskets Bonn):" Es war ein
tolles Spiel mit großartigem Basketball. Meine Spieler waren heute sehr
gute Kämpfer, aber bei acht Begegnungen in 20 Tagen war es sehr
schwierig, heute zu gewinnen."
Steffen Hamann (Bamberg): "Es gab noch wenige Verlängerungen
in Bamberg, da haben wir uns gedacht, wir machen gleich zwei. An die zwei
Freiwürfe Ende der ersten Verlängerung bin ich mit viel Selbstvertrauen
herangegangen, ich hatte zuletzt viel geübt, das hat sich
ausgezahlt."
Derrick Taylor (Bamberg): "Ich bin so froh, dass wir gewonnen
haben. Das war so ein tolles Spiel - und erst diese Zuschauer! Vielen
Dank!"
Rick Stafford (Bamberg): "Wir wissen, dass wir oben hin
gehören, und das haben wir heute bewiesen." |