Nach einer Saison mit ganz vielen Höhepunkten und nur sehr wenigen Tiefpunkten fällt die Bilanz natürlich positiv aus. Pokalsieger und Deutscher Meister, beide Titel nach 2010 verteidigt, noch dazu in der Euroleague nicht nur mitgespielt, sondern einige große Teams mächtig geärgert. Die Spielzeit 2010/2011 wird in die Geschichte des Bamberger Basketballs eingehen.
Nach dem Ende der Feierlichkeiten und nachdem die Fans von Freak City wieder nüchtern sind, möchte ich nicht nur auf die Highlights zurückblicken, sondern auch die wenigen nicht so positiven Sachen betrachten.
Fast alle Leistungsträger der Meistermannschaft 2010 konnten gehalten werden, einzig von Center Elton Brown trennte man sich. Beckham Wyrick zog es nach München, bei Mark Worthington war das Heimweh nach Australien zu groß und Robert Garrett beendete im Zorn seine Karriere (zumindest vorläufig, ehe er dem Ruf von Dirk Bauermann folgte und in München ein Comeback startete). Aber der Kern um John Goldsberry, Anton Gavel, Brian Roberts, Peja Suput, Tibor Pleiß und Casey Jacobsen blieb Bamberg erhalten. Man konnte also das Mannschaftsgefüge erhalten und verstärkte sich mit Center Kyle Hines und Forward Reyshawn Terry.
Anders als in den Vorjahren und auch bei den meisten anderen Teams in der Bundesliga kannte man sich, war eingespielt und motiviert den nächsten Schritt zu tun. Gerade die Eingespieltheit war in den ersten Wochen ein riesiger Vorteil den anderen Mannschaften gegenüber. Man musste sich nicht erst lange finden, man musste nicht erst eine Teamstruktur und Hierarchien entwickeln und Angriffs- und Abwehrsysteme lernen. Die Eingewöhnungszeit war kurz und auch die neu dazugekommenen Spieler gewöhnten sich schnell ein.
Es gab sicherlich Mannschaften, die die besseren Einzelspieler hatten, aber niemand war als Team besser als Bamberg. Jedes Zahnrad passte perfekt zum anderen, Bamberg war eine hocheffiziente Maschine, die aus ihren Einzelteilen das Optimum herausholte und jedes einzelne Bestandteil im Gesamtverbund besser machte. Nie trifft das Sprichwort „Das Ganze ist mehr als die Summe der Einzelteile“ mehr zu, als auf diese Bamberger Mannschaft der Saison 2010/2011.
Anhand einiger Statistiken möchte ich dies verdeutlichen:
Der beste Bamberger Scorer ist erst auf Platz 26 der Rangliste aller Korbschützen der Bundesliga zu finden: Peja Suput mit im Schnitt 12,6 Punkten. Dafür hatte man fünf Akteure mit mindestens zweistelliger Punkteausbeute, soviel wie keine andere Mannschaft. Ein Indiz für die Ausgeglichenheit des Kaders, was ein wesentlicher Vorteil darstellte. So konnte sich der Gegner nicht nur auf den einen Überflieger konzentrieren (wie zum Beispiel Frankfurts Wood), Bamberg dagegen war nicht auszurechnen. Zehn Spieler waren in der Lage in mindestens einer Partie offensiv zweistellig zu produzieren – ein Spitzenwert in der Liga.
Keine andere Mannschaft erzielte mehr Punkte aus der Dreierdistanz, niemand holte sich mehr defensive Rebounds und niemand verlor weniger den Ball. In der Kategorie Steals per Turnover stehen mit Goldsberry, Tadda und Gavel drei Bamberger ganz oben. Ein Indiz für Ballsicherheit im Aufbau und flinke Hände in der Abwehr.
Gerade die Guards waren ein Erfolgsgarant. Goldsberry, Roberts, Gavel und als Backup Tadda sind Spieler, die wissen wo der Korb hängt. Offensiv zu produzieren war für sie kein Geheimnis und in der Abwehr haben sie sich, im Vergleich zur Vorsaison, nochmals gesteigert.
Ein wichtiger Faktor, der gerne übersehen wird, war die Verpflichtung von Athletik-Trainer Marcus Lindner. Der bislang für die Nationalmannschaft tätige Fitness-Coach hob das körperliche Leistungsniveau auf eine höhere Ebene. Wurden in der vorangegangenen Spielzeit nicht wenige Partien gerade in der Schlussphase verloren (teils nach deutlichen Führungen), trat diese Saison eine bessere physische und damit einhergehende psychische Stabilität ein. Auch nach Rückständen glaubte das Team immer an sich und überrannte die Gegner regelmäßig im letzten Viertel. Die körperliche und geistige Fitness ist ein Faktor, der nicht von Allen als wichtig angesehen wird. Bamberg hat aber vor über einem Jahr mit Marcus Lindner einen anerkannten Fachmann verpflichten können, der von den Spielern respektiert wird.
Der Körper eines Leistungssportlers ist das Wichtigste was er hat. Er muss ihn hegen und pflegen und alles dafür tun, damit die Leistungsfähigkeit umfassend erhalten bleibt. Nur dann kann eine Karriere lange und erfolgreich sein. Nicht alle Basketballer haben das verinnerlicht, auch in Bamberg gab es in der Vergangenheit Spieler, die öfter bei den bekannten Fastfood-Ketten anzutreffen waren, als in der heimischen Küche.
Die Zeit vom Beginn der Saison bis zum Jahresende 2010 kann als die Erfolgreichste in der Geschichte bezeichnet werden. 16 Siege in Folge in der Bundesliga stellten einen Vereinsrekord dar. Aber nicht nur die blanken Siege waren bemerkenswert, sondern die Art und Weise wie sie zu Stande kamen.
Aber über den Wahnsinns-Dezember und die Erfolge in der Euroleague wird es im 2. Teil der Saisonbilanz gehen, die am Mittwoch, 29. Juni an dieser Stelle zu lesen sein wird.