Bamberg stürmte durch die Hauptrunde wie schon lange keine andere deutsche Mannschaft mehr. Einzig beim späteren Absteiger in Düsseldorf und in Göttingen zog man den Kürzeren. Die Niederlage in Düsseldorf kam für viele nach 16 Siegen in Folge überraschend, für mich jedoch nicht. Mir war klar, wenn die Erfolgsserie reißt, dann bei einem Team aus den Niederungen der Tabelle. Gegen Topteams war die Konzentration und Motivation so hoch, da konnte fast nichts passieren. Gegen ein Kellerkind der Liga jedoch schleicht sich gerne mal der Schlendrian ein, man gibt nicht mehr 100%, der Gegner erwischt einen Sahnetag und schon hat man verloren. Genau so kam es dann auch beim Gastspiel im Rheinland. Außerdem fehlte bei dieser Partie auch John Goldsberry wegen eine Sperre, nachdem er im Spiel vorher in Bayreuth nach einer Rangelei mit dem Ex-Bamberger Jared Reiner vom Feld flog.
32 Siegen standen nur 2 Niederlagen vor Beginn der Play-off zu Buche. Eine nahezu perfekte Ausgangslage um die Mission Titelverteidigung zu starten. Zu diesem Zeitpunkt hatte Bamberg aber mit dem Pokalsieg den ersten Titel bereits in der Tasche. Vor heimischer Kulisse konnte man sich am ersten April-Wochenende in zwei äußerst knappen Spielen erst gegen Artland und im Finale gegen Braunschweig durchsetzen und den Pokalerfolg vom Vorjahr wiederholen. Der erste Druck einen Titel holen zu müssen war dadurch schon mal genommen, aber was ist schon der Pokal, wenn man Meister werden will?
In der ersten Runde der Play-off wartete mit Bremerhaven eine unangenehme, aber letztlich machbare Aufgabe. Aber die drei Spiele offenbarten schon eine gewisse Tendenz: Bamberg hat den Nimbus der Unschlagbarkeit verloren. Zwar setzte man sich mit 3:0 gegen die Norddeutschen durch, aber überzeugend waren die Erfolge nicht. Die Mannschaft wirkte müde und machte nicht immer einen souveränen Eindruck.
Im Halbfinale wartete dann mit Artland der denkbar schwerste Gegner. In den Ligaspielen und im Pokal setzte sich Bamberg jeweils nur mit wenigen Zählern Differenz durch. In den Play-off war dies anders, aber nicht so wie gedacht. Die Serie ging über die volle Distanz von fünf Spielen und jedes Mal gewann die Heimmannschaft mit mindestens 12 Punkten Unterschied. Spätestens da war klar, die Auswärtsstärke Bambergs ist nicht mehr vorhanden.
Aber Bamberg wäre nicht Freak City, wenn in einem „do or die“-Game die Fans ihr Team nicht zum Sieg pushen würden. So war es dann auch keine große Überraschung, dass bei den beiden besten Artländern Ryce und Bailey am Ende die Kräfte schwanden und sich das Bamberger Kollektiv durchsetzen konnte.
Die besten Szenen aus dem fünften Spiel:
Tja, und damit war das Traumfinale perfekt: Bamberg gegen Berlin, die Mutter aller Schlachten. Es war also nach 2004 endlich mal wieder soweit, dass sich beide Mannschaften in den Play-off gegenüberstanden. Berlin schummelte sich ein wenig in die Endspielserie, sie taten sich erst gegen Oldenburg und dann gegen Frankfurt teilweise sehr schwer.
Fast wäre die Mission Titelverteidigung schon nach der gewonnenen ersten Partie in weite Ferne gerückt. Mit John Goldsberry zog sich einer der wichtigsten Spieler einen Bänderriss zu und sein Einsatz in den weiteren Spielen war sehr fraglich.
Die Überlegenheit und Souveränität der Hauptrunde war irgendwo auf dem Weg vom Trainingslager in Malaga bis zu Beginn der Play-off verloren gegangen. Die Gegner witterten Morgenluft und nahmen Fährte auf, bei Bamberg schien das Momentum verschwunden zu sein. Berlin machte aus seinen Möglichkeiten das Beste und zeigte gerade in seinen Heimspielen gute Leistungen. Aber auch nur, weil Bamberg sie gewähren ließ. Nicht absichtlich, das traue ich ihnen dann doch nicht zu. Aber vielleicht spukte in den Köpfen der Bamberger Akteure doch der Gedanke herum, dass man sich bislang immer auf seine Heimstärke verlassen konnte. Dadurch hielt Gevatter Schlendrian Einzug – nur ein wenig und ganz langsam, aber stetig. Bamberg ließ Berlin ins Spiel kommen, und dies ist das Schlimmste was einem gegen Berlin passieren kann. Da zählen auch die vorangegangenen Spiele nichts mehr. Auch war von der Spritzig- und Leichtigkeit aus der Hauptrunde nicht mehr viel zu sehen.
Von fünf Auswärtspartien in den Play-off gingen vier verloren. Und zwar nicht knapp, sondern teilweise richtig deutlich. Aber eine Stärke der Bamberger Mannschaft, in der zu Ende gegangenen Saison, war die mentale Stabilität. Sie hat sich aus allen Leistungstälern wieder herausgearbeitet und stets in den Folgepartien eine Reaktion gezeigt.
Aber auch während eines Spiels schaffte man es wiederholt Rückstände aufzuholen und in Siege umzumünzen. Ganz sicher ein Verdienst von Coach Chris Fleming, der meistens an den richtigen Hebeln zog um seine Jungs wieder in die richtige Spur zu führen.
Bestes Beispiel war die alles entscheidende fünfte Finalpartie. Berlin führt 1:30 vor Schluss mit vier Punkten und wird dann doch nicht Meister. Die letzten 90 Sekunden trennte die Männer von den Buben und man sah, wer wirklich Erwachsensport betreibt. Kyle Hines holte nach Berliner Fehlschüssen wichtige Rebounds und John Goldsberry und Brian Roberts versenkten eiskalt zwei Bomben aus dem Dreierland. Von den Berlinern Jenkins, McElroy und Co. war da nichts mehr zu sehen.
Pokalsieg verteidigt, Meisterschaft verteidigt, als Bamberger Fans muss man sich wie in einem feuchten Traum vorkommen. Die letzten 18 Monate waren unglaublich und speziell die letzte Saison fast nicht wiederholbar.
Welche Ziele bleiben jetzt noch übrig? Nochmal das Double verteidigen oder versuchen in der Euroleague den nächsten Schritt zu machen. Das Eine oder das Andere ist durchaus reizvoll, aber motiviert das auch die Mannschaft? Alles, was man jetzt national noch erreichen kann, ist nur eine Wiederholung. Es besteht die große Gefahr, dass die Mannschaft von den Erfolgen satt ist, nicht den letzten Willen aufbringt, um in einem Jahr sich wieder auf dem Maxplatz feiern zu lassen.
Darum wäre es jetzt Zeit einen Schnitt zu machen und das Team auf einigen Positionen umzubesetzen. Frische, nach Siegen lechzende und hungrige Spieler wären nötig um dem Mikrokosmos Mannschaft neues Blut zuzuführen.
Aber um die Spieler wird es im letzten Teil der Saisonbilanz gehen, die am Montag, 4. Juli veröffentlicht wird.